1. österreichisches Museum für Alltagsgeschichte - Neupölla Waldviertel, Niederösterreich

1. österreichisches Museum für Alltagsgeschichte - Neupölla - Waldviertel
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Erstes österreichisches Museum für Alltagsgeschichte

Das Museum wurde anlässlich der 700-Jahr-Feier des Marktes im Jahre 1997 von der Marktgemeinde Pölla unter Bgm. Ing. Johann Müllner in einem alten Handwerkerhaus und dem daran angebauten „Kulturhof“ eröffnet und wird vom Dorferneuerungsverein "Club Neupölla" betrieben. Das regionalgeschichtliche Museum wurde von Dr. Friedrich Polleroß eingerichtet und bietet einen Überblick über die Alltagsgeschichte und die sozialen Veränderungen der ländlichen Bevölkerung der letzten 300 Jahre am Beispiel der Region zwischen Zwettl und Horn, wobei auch die "Nachtseite der Heimatgeschichte" nicht ausgeblendet wird.

Im ersten Teil wird vorwiegend die ältere Geschichte bis 1850/60 behandelt. Eine historische Dokumentation in der ehemaligen Schlafkammer präsentiert die institutionellen Rahmenbedingungen des frühneuzeitlichen Lebens in den Landgemeinden des Waldviertels. Der erste Abschnitt ist dem Thema "Pfarren und Gläubige" gewidmet, wobei die Waldviertler Urpfarre Altpölla im Mittelpunkt steht. Neben Karten, die die Veränderung des Pfarrgebietes zeigen, finden sich hier gotische und barocke Skulpturen, Bildnisse und Dokumente wichtiger Geistlicher sowie Zeugnisse der Volksfrömmigkeit vom 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert.

Im Bereich "Herrschaften und Untertanen" veranschaulichen barocke Darstellungen von Schlössern und Bildnisse einiger Adeliger der Region die herrschaftliche Pracht im Zeitalter des Absolutismus. Sie stand in großem Gegensatz zum kargen Leben der Untertanen, das durch ein Unterhemd aus Hausleinen versinnbildlicht wird. Die zahlreichen Funktionen, die die Grundherrschaften bis 1848 auch im Interesse der Untertanen ausübten, werden u.a. durch Wanderpässe, Gerichtsurteile, Verlassenschaftsabhandlungen und Ehekontrakte der Herrschaftskanzleien in Krumau, Wetzlas, Ottenstein und Greillenstein vorgeführt.

Der Abschnitt "Märkte und Bürger" behandelt das kleinbürgerliche Milieu am Beispiel des Marktes Neupölla. Die zentralörtliche Funktion wird vor allem am Marktrecht sowie überregionalen Einrichtungen wie Wehrkirche und Bürgerspital ersichtlich. Die ehemalige Vielfalt handwerklichen Lebens demonstrieren Werkzeuge, Produkte und Dokumente heute weitgehend ausgestorbener Berufe wie der Faßbinder, Hafner und Töpfer, Lebzelter und Wachszieher, Schlosser, Wundärzte, Färber und Uhrmacher. Die wirtschaftsgeographische Bedeutung der Zünfte kann am Beispiel der Fassbinder aufgezeigt werden.

Die Wohnstube vermittelt mithilfe alter bäuerlicher Möbel und Einrichtungsgegenstände einen Eindruck von den Wohn- und Besitzverhältnissen der wohlhabenden Ganzlehner in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wie der Kasten von 1825 beweist, wurden die sogenannten „Bauernmöbel“ jedoch auch von Tischlern ausgeführt. Daneben wird in diesem Raum auch die im Waldviertel weit verbreitete Hausweberei thematisiert, die einen wichtigen Nebenerwerb bildete.

Die ursprüngliche Rauchküche präsentiert sich im Zustand der Zeit um 1900 und ist dem Thema "Kochen und Essen" gewidmet, wobei Geräte und Gefäße auf die wichtigsten Grundnahrungsmittel wie Milch, Erdäpfel, Butter, Kraut oder Mohn verweisen. Außerdem wird hier ein Überblick über die Formen der häuslichen Beleuchtung in früherer Zeit geboten vom Kienspan über Kerzen und Öllichter sowie Petroleumlampen bis zur Einführung des elektrischen Stromes.

Der Dachboden beherbergt eine Sammlung bäuerlicher Gerätschaften aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg. Neben typisch Waldviertler Werkzeugen zur Bearbeitung von Flachs und Mohn finden wir hier die Entwicklung des Pfluges und der Egge vom Holz zum Eisen. Die Kunstfertigkeit des Holzhandwerkes zeigt auch eine fast gänzlich aus Holz gefertigte Getreidemühle. Schlitten, Leiterwagerl und Scheibtruhe erinnern an längst vergangene Formen des Transportes. Der Bereich der bäuerlichen Lebensmittelproduktion wird u. a. durch Butterfässer, Geräte für die Hausschlachtung sowie einen Skoda Milchseperator dokumentiert. Die mühevolle Arbeit der Hausfrauen machen Waschrumpeln und Bügelmaschinen deutlich. Die handwerkliche Tätigkeit vertreten ein Schneidertischerl, der Blasbalg eines Hufschmieds, Wagenheber und vor allem die Kirchenuhr der in Neupölla tätigen Gebrüder Böck von 1857 aus der Pfarrkirche in Kapelln bei Herzogenburg.

In sinnvoller Ergänzung bzw. im Kontrast zur Stube mit der bäuerlichen Wohnkultur dokumentiert das 2016 eröffnete "Biedermeierzimmer" die Alltagskultur der bürgerlichen Bewohner der Region um Neupölla in den ersten beiden Dritteln des 19. Jahrhunderts, bzw. die politischen sowie sozialen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den Alltag. Die durch die Französische Revolution 1789 ausgelösten sozialen Verschiebungen zeigen sich im Gebiet der Marktgemeinde Pölla exemplarisch an der Herrschaft Dobra-Wetzlas-Krumau. Diese befand sich bis 1815 im Besitz des Fürsten Prosper von Sinzendorf. Dann wurde die Herrschaft an den jüdischen Bankier Heinrich von Pereira-Arnstein verkauft. Die neue Macht des Bürgertums basierte auf den technischen und wirtschaftlichen Errungenschaften wie Dampfschifffahrt und Eisenbahn sowie auf dem Aufbau von Banken und Industriebetrieben. Dies veranschaulichen Verzeichnisse der Tarife für Bahnfahrten bis Olmütz und Laibach sowie der Schifffahrten von Linz nach Konstantinopel im Jahre 1851 und eine amerikanische Wilson & Wheeler-Nähmaschine von 1860. Durch das "Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch" von 1811 wurde die rechtliche Grundlage gelegt, während eine Radierung der Ruine Dobra von Anton Köpp von Felsenthal von 1814 die Vorliebe für romantische Ruinenlandschaften zeigt.

Aufgrund der Trennung von Männer- und Frauenarbeit in der bürgerlichen Familie kam es zu einer allmählichen Ausbildung von Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmern. Dazu kamen neue Möbelformen für neue Lebensgewohnheiten: getrennte Kleiderkästen für Mann und Frau, Waschtische und Spiegel im Schlafzimmer sowie Kredenzen und Tagesbetten im Wohnzimmer. Den auf den ersten Blick sichtbaren Hauptunterschied zu den bäuerlichen Möbeln bildet die Verwendung von Nußbaum- und Kirschbaumholz sowie deren Oberflächenbehandlung mit glänzendem Schellack. Die sprichwörtliche Geselligkeit des Biedermeier veranschaulichen die Noten des Kirchenchores in Neupölla von 1828 sowie eine Kaffeemühle und Kaffeegeschirr aus Porzellan. Das neue Bewusstsein für die Kindheit als eigene Lebensphase wird durch Kinderreligionsbücher und ein Spielzeugbügeleisen aus Messing veranschaulicht.

Manche dieser Phänomene können anhand konkreter BewohnerInnen des Gemeindegebietes und deren Porträts vorgeführt werden. Hervorzuheben ist das Bildnis des Pfarrers von Krumau und Gföhl, Johann B. Mühler von dem in Zwettl, Horn und Neupölla tätigen Maler Michael Reis. Als Vertreter einer bürgerlichen Lebensweise werden auch der Dechant und erste Bürgermeister von Altpölla, Alois Schmid, sowie der Kaufmann und erste Bürgermeister von Neupölla, Ignaz Hofbauer, präsentiert. Mit Objekten und Porträts sind außerdem die Ärztedynastie Assem-Dolliner sowie der Bindermeister Josef Leidenfrost und deren Ehefrauen vertreten.

Der historische und alltagsgeschichtliche Überblick von 1860 bis 1960 wird am Beispiel der Familie Walter fortgesetzt, in deren Besitz sich das Haus von 1752-1955 befand. Die Familie lebte zunächst vom Schusterhandwerk und später von der Landwirtschaft. Im Mittelpunkt steht die Generation der um 1870 in Neupölla geborenen fünf Schwestern, von denen eine in Wien den Gastwirt Wenzel Hasenöhrl aus Westböhmen heiratete. Diese Abwanderung nach Wien ist nicht nur ein typisches Schicksal für die Sogwirkung der wirtschaftlichen Zentralräume, sondern hatte auch eine "Verbürgerlichung" der Alltagskultur im Haus Nr. 10 zu Folge. Das daraus folgende Aufeinanderprallen zweier Kulturen wird auch auf den Familienfotos aus den 1930er Jahren ersichtlich.

Parallel zur Familiensaga wird die politische Entwicklung skizziert. Der Bogen beginnt im Zeitalter Kaiser Franz Josefs, führt vom Ersten Weltkrieg und den wirtschaftlichen Problemen der Ersten Republik bis zur nationalsozialistischen Herrschaft sowie zum Zweiten Weltkrieg und zur Besatzungszeit. Im Schnittpunkt von gesellschaftlicher Entwicklung und Familiengeschichte gibt es zwei kleinere Schwerpunkte: eine reichhaltige Sammlung von Dokumenten zur Volksfrömmigkeit, dieWallfahrtsandenken der Jahrhundertwende aus österreichischen und böhmischen Gandenorten, aber auch Andenken an eine Romreise im Jahr 1925 umfasst. Mehrere Zeugnisse des im Waldviertel weit verbreiteten Antisemitismus sowohl christlicher als auch deutschnationaler Provenienz werfen nicht nur ein Schlaglicht auf den Zeitgeist, sondern dokumentieren auch die Schattenseiten der jüngeren Vergangenheit.

Gegenüber der Wand mit den historischen Informationen kann in zwei Raumkojen detailreich die Wohn- und Alltagskultur der Zeit um 1900 und der Zwischenkriegszeit studiert werden. Möbel, Kleider, Geschirr, Lebensmittel, Hygieneartikel und persönliche Souvenirs liefern ein Schaubild des jeweiligen Zeitgeistes. Dass dieser selbst in alltäglichen Gegenständen sichtbar wird, zeigt das Keramikdesign von 1925-1940: während die tschechischen Kaffeehäferl der 20iger Jahre die abstrakten Muster der Moderne zeigen, schmückte man die Schalen im Ständestaat nostalgisch mit Dirnen und Knechten. Das Wilhelmsburger Ostmarkdesign verpackte hingegen ebenso wie das nationalsozialistische Regime reaktionäre Inhalte in moderne Formen.

Seit dem 2000 ist die Schusterwerkstätte von Josef Krammer (1904-88) aus Neupölla Nr. 68 Teil der ständigen Sammlung des Museums. Dazu gibt es eine Dokumentation über diesen Handwerker und seinen Bruder, den Tischlermeister Johann Krammer (1901-1999).

Ab 2023 wird außerdem die Geschichte der jüdischen Familie Biegler gezeigt, die von 1860 bis 1938 eine Greißlerei in Neupölla sowie später eine zweite in Dietmanns betrieben hat. Mehrere Mitglieder wurden ab 1941 deportiert und ermordet, andere konnten nach England, Dänemark, Shanghai und Australien emigrieren.

Der Museumsladen bietet Ansichtskarten, regionalgeschichtliche Publikationen, Kataloge und Filme zu den Sonderausstellungen wie "50 Jahre Kampkraftwerke", "Kino in Wegscheid am Kamp" oder "Waldviertler auf Safari" und Souvenirs, aber auch Getränke.

Öffnungszeiten & Preise

Vom 1. Mai bis 26. Oktober, jeden Sonn- und Feiertag von 14.00-17.00 Uhr geöffnet.

Für Gruppen ist eine Besichtigung außerhalb dieser Zeiten bei Anmeldung möglich: Marktgemeinde Pölla: 02988/6220

Eintrittspreise 
Erwachsene€ 5,-
Gruppen€ 4,-
Pensionisten und Studierende ermäßigt€ 3,-
Kinder€ 3,-

Veranstaltungsmöglichkeiten:

Für Tagungen oder Feiern können ein großer und kleiner Saal sowie eine Küche gemietet werden.

Weitere Hinweise finden Sie auf unserer Homepage:
http://www.poella.at/museum

Impressum: Marktgemeinde Pölla. F. d. Inhalt verantwortlich: Dr. Friedrich Polleroß

Anreise

Mit dem Auto:

Von Richtung Wien

  • Auf der A22 und E49 bis zur Ausfahrt auf die B38 fahren, dann dieser bis zum Museum in Neupölla Nr. 10 folgen.

Von Richtung Graz

  • Der S-Autobahn/E59, A22 und S3 bis zur Ausfahrt "31-Stockerau" folgen, dann auf B4, E49 & B38 bis zum Museum in Neupölla Nr. 10 fahren.

Von Richtung St. Pölten

  • Die S33, B37a, B37 und B32 bis zum Museum in Neupölla Nr. 10 nehmen.
Kontakt
1. österreichisches Museum für Alltagsgeschichte
Marktgemeinde Pölla
Neupölla 103593 NeupöllaWaldviertel Niederösterreich
+43 2988 6220
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